Die Jury des Rattenfänger-Literaturpreises kürte am 6. Mai 2000 aus 228 Bucheinsendungen einstimmig das Buch von Jutta Richter "Der Hund mit dem gelben Herzen oder die Geschichte vom Gegenteil", erschienen im Hanser Verlag 1998, zum Preisbuch 2000. Die Preisverleihung erfolgte am 17. November 2000 in Hameln.
Begründung der Jury:
Jutta Richters phantastische Erzählung "Der Hund mit dem gelben Herzen" ist eine Geschichte aus zwei Welten. Sie spielt zum einen im Gartenschuppen von Opa Schulte, in dem die Geschwister Lottamädchen und Prinz Neumann einen streunenden Hund verstecken und füttern. Aus Dankbarkeit für die Zuwendung erzählt der Hund, der dank seiner Fremdsprachenbegabung neben Hündisch auch Kätzisch, Täubisch und Menschisch sprechen kann, den Kindern seine Lebensgeschichte, und entführt damit die Leser in den paradiesischen Garten des großen Erfinders G. Ott, der Himmel und Erde, Hell und Dunkel, Fische und Vögel und vieles mehr geschaffen hat. Der Hund erzählt auch von dessen teuflischem Freund Lobkowitz, der aus einer trunkenen Laune heraus die Entwürfe von G. Ott heimlich veränderte, mit denen er die Menschen erschaffen wollte und dadurch für immer aus dem Paradies vertrieben wurde.
Jutta Richter ist eine kunstvoll aufgebaute Erzählung gelungen, in der sie Lobkowitz` (und des Hundes) Suche nach dem verlorenen Paradies gleichsetzt mit der menschlichen Suche nach Geborgenheit. Wie hatte G. Ott gesagt, als er, auf der Suche nach Freunden, sein Ebenbild erschaffen wollte: "Wir müssen es teilen, das Glück. Das Leben, das Licht, die Freude, den Frieden, das müssen wir teilen."
Die raffinierte Verflechtung beider Ebenen, die scheinbar spielerische Leichtigkeit, mit der Jutta Richter ein schwieriges und menschlich bewegendes Thema in ihre Erzählung einbaut, hat die Jury überzeugt. Der kindliche Leser kann von den Abenteuern eines herrenlosen Hundes erfahren, der, wie einst Scheherezade in "1001 Nacht", die Spannung seiner Geschichte von G. Ott und Lobkowitz durchaus zweckmäßig zu dosieren weiß, um sein Überleben für den nächsten Tag zu sichern. Der jugendliche oder erwachsene Leser wird von Einsamkeit lesen, von Freundschaft und Verrat, vom göttlichen Paradies und menschlicher Hölle. Und er wird verstehen, dass die Pforten des Paradieses nicht offenstehen, sondern wir das Teilen von Leben, Freude und Frieden auf Erden erlernen müssen. (Für die Jury: Renate Raecke-Hauswedell)