Wer wenig Geld hat, hat weniger Chancen. Sportvereine, Turnschläppchen, Obst und Gemüse, der Eintritt fürs Schwimmbad, fürs Theaterstück, für den Zirkus: Das alles muss bezahlt werden. Wer das nicht kann, nimmt nicht teil, bleibt außen vor, wird krank. Diese Zusammenhänge sind seit langem bekannt und wissenschaftlich erwiesen. Dennoch lebt deutschlandweit jedes fünfte Kind und jede bzw. jeder fünfte Jugendliche in Armut.
Rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind es insgesamt. Im Landkreis Hameln-Pyrmont waren es im Dezember 2020 4.460 Kinder und Jugendliche – das entspricht 18,8 Prozent aller Kinder und Jugendlichen derselben Altersgruppe im Landkreis. Trotz einer allgemein guten wirtschaftlichen Entwicklung stagniert die Kinder- und Jugendarmut seit Jahren auf diesem hohen Niveau – und die Corona-Krise hat die prekäre Lage noch weiter verschärft. Hameln-Pyrmont liegt hier über dem Niedersachsen-Durchschnitt.
Auf Initiative des Deutschen Roten Kreuzes und des Vereins SAM e.V. wurde bereits 2013 das Bündnis gegen Kinderarmut gegründet, bestehend aus mehr als 30 Verbänden, Institutionen, Behörden, Parteien und sozialen Initiativen aus dem Landkreis Hameln-Pyrmont. Um das Thema Kinder- und Jugendarmut nun wieder ganz oben auf die Prioritäten-Liste zu setzen – für ein gesundes Aufwachsen, gleiche Chancen auf Bildung und auf soziale und gesellschaftliche Teilhabe – wurde nun die Reihe „Politikfrühstück“ gestartet: Regionale Vertreterinnen und Vertreter aus der Bundes- und Landespolitik werden zum Austausch eingeladen, in Armut lebende Kinder und Jugendliche sollen somit eine breitere Lobby und mehr Aufmerksamkeit bekommen.
Im Mai war der Bundestagsabgeordnete Johannes Schraps (SPD) zu Besuch, nun kam die CDU-Bundestagsabgeordnete Mareike Lotte Wulf zu Frühstück und Austausch ins Rathaus. Lieselotte Sievert vom Deutschen Roten Kreuz, Dirk Kuhfuß (Stadt Hameln), David Bartsch (Landkreis Hameln-Pyrmont) und Thomas Wiese (Jobcenter Hameln-Pyrmont) stellten die neue Strategie zur Bekämpfung von Kinder- und Jugendarmut im Landkreis vor. Im Mittelpunkt steht dabei der Anspruch, bestehende Unterstützungsangebote durch Kooperationen zu verbessern und für betroffene Familien zugänglicher zu machen. „Wir fordern, Angebote und Leistungen zur Unterstützung armer Kinder, Jugendlicher und Familien so auszugestalten, dass sie niedrigschwellig zur Verfügung stehen und von den Leistungsberechtigten leicht in Anspruch genommen werden können. Finanzielle Leistungen sollten unbürokratisch und möglichst automatisch an Anspruchsberechtigte ausbezahlt werden. Eine gute Armutspolitik misst sich nicht daran, ob sie Leistungen vorhält, sondern ob diese auch ankommen“, sagt Sievert.