Dass Insekten von immenser Bedeutung für die Natur, die Artenvielfalt und auch für uns Menschen sind, das lernen schon Grundschulkinder. Seit ein paar Jahren nimmt das Insektensterben dennoch weiter zu. Das Thema Insektenschutz ist wichtiger denn je. Daher werden zunehmend Konzepte entwickelt, wie man diesem Trend entgegenwirken kann. Das Niedersächsische Umweltministerium hat darauf reagiert und das Aufstellen von Bremsenfallen untersagt.
Wenn es um das Thema Insektensterben geht, verbinden die meisten Menschen als Grund dafür die intensive Bewirtschaftung und den zunehmenden Flächenverlust in den Kulturlandschaften. Doch auch kleine, scheinbar unscheinbare Maßnahmen können in der Summe das Insektensterben vorantreiben. Ein Beispiel dafür sind Bremsenfallen, die seit den letzten 10 bis 15 Jahren vermehrt auf Pferdeweiden aufgestellt werden, um Pferde vor den Stichen der Bremsen zu schützen. Bei solchen Fallen handelt es sich in der Regel um Gummibälle, die die Bremsen anlocken sollen, damit sie durch einen Trichter in ein Fanggefäß fallen und dann abgetötet werden. Studien haben jedoch ergeben, dass in den Bremsenfallen eher andere nützliche Insekten landen, als Bremsen.
Nach einer in 2020 veröffentlichten Studie ist der Inhalt von sechs Bremsenfallen an unterschiedlichen Standorten in Nordrhein Westfalen über einen Zeitraum von mehr als fünf Monaten analysiert worden. Das Ergebnis: Von 53.438 gefangenen Insekten waren lediglich 2.022 tatsächlich Bremsen. Je nach Standort variierte der "Beifang" zwischen 71 bis fast 99 Prozent. Eine weitere Bachelorarbeit aus demselben Zeitraum kommt zu einem ähnlichen Resultat. Da die Ergebnisse darauf hinweisen, dass mit den Fallen offensichtlich eben nicht nur Bremsen gefangen und getötet werden, sondern wahllos Insekten überhaupt, hat das Niedersächsische Umweltministerium deshalb nun reagiert und mit einem Erlass am 14. Mai 2021 den Einsatz solcher Fallen im gesamten Niedersachsen eingeschränkt. "Unterm Strich heißt das: Wir müssen etwas gegen unnötiges Artensterben tun und vor allem den Beifang besonders geschützter Insekten vermindern", so Niedersachsens Umweltminister Lies.
Mit dem Hinweis darauf, dass es sich nicht um eine selektive Fangmethode handele und damit ein Verstoß gegen das geltende Bundesnaturschutzgesetz (§44 Abs. 1 Nr. BNatSchG) gegeben sei, dürfen Bremsenfallen künftig unter anderem in Naturschutzgebieten, FFH-Gebieten oder gesetzlich geschützten Biotopen nicht mehr eingesetzt werden. Das Umweltministerium empfiehlt darüber hinaus eine 150 Meter breite "Pufferzone" zu den o.g. Schutzgebieten einzuhalten, um Auswirkungen des zulässigen Bremsenfalleneinsatzes auf diese zu vermeiden. Auf den Internetseiten des Landkreises Hameln-Pyrmont und der Stadt Hameln (Link zu Landschaftsschutzgebieten) können sich Pferdehaltende über die Schutzgebiete informieren.
Somit sind alle Pferdehaltende in Niedersachsen aufgefordert, Bremsenfallen innerhalb solcher Schutzgebiete und deren Pufferzonen abzubauen. Dort sollte auf andere Schutzmaßnahmen, wie Fliegendecken oder die Nachtweide, zurückzugegriffen werden. Auch außerhalb der Schutzgebiete sollte der Einsatz von Bremsenfallen kritisch hinterfragt werden, da diese ohnehin keinen umfassenden Schutz für die Pferde bieten. Was die Studien nämlich auch besagen, ist, dass es sich selbst bei den in den Versuchsfallen gefangenen Bremsen nicht um die Pferdebremse (Tabanus sudeticus), sondern lediglich um eine verwandte Art gehandelt hat.
Außerhalb der Schutzgebiete kann der zeitlich auf den 1. Juni bis 15. September beschränkte Einsatz von Bremsenfallen und damit der Beifang anderer, besonders geschützter Insekten toleriert werden, um die Pferdebeweidung weiterhin zu gewährleisten.