Rattenfänger-Schrank für das Museum

Dem Museum Hameln ist eine außergewöhnliche Neuerwerbung gelungen: ein historischer Schrank mit Schnitzarbeiten zur Rattenfängersage.

Finanziert wurde der Erwerb mit Mitteln der Dr. Gerhard-Pieper-Stiftung, die unter anderem den Ankauf von Sammlungsobjekten mit stadtgeschichtlichem Bezug für das Hamelner Museum fördert.

Es handelt sich um einen massiven Holzschrank mit drei-achsiger Gliederung und opulenter Schnitzornamentik. Die drei Türen im oberen Teil zeigen jeweils eine prägnante Szene der Rattenfänger-Sage: den Rattenfänger vor dem Rat, den Pfeifer mit den Ratten sowie den Kinderauszug. Eine weitere Darstellung des Pfeifers, eine weibliche Figur sowie der Hamelner Mühlstein gehören zur Schnitzdekoration der Pilaster-artigen Mittelstücke.

Der Schrank war vor ein paar Jahren bei einer Betriebsauflösung verkauft  worden und dann in einen Wuppertaler Privathaushalt gelangt, von wo ihn das Museum Hameln nun übernommen hat.

Rückschlüsse über die ursprüngliche Herkunft gibt ein Frachtaufkleber an der Rückseite, laut dem der Schrank von Hameln nach Vohwinkel (heute ein Stadtteil von Wuppertal) geliefert wurde. Absender ist „Ernst Wildhagen, Hameln  Bäckerstr. 59“.

„Bei diesen Angaben leisten uns die alten Adressbücher wertvolle Dienste“, verrät Dr. Gerhard Pieper, der als einer der besten Kenner der Hamelner Stadtgeschichte seit vielen Jahren die Bibliothek des Museumsvereins leitet. „Wildhagen ist im Adressbuch von 1925 als Kaufmann sowie als Inhaber der Tischlerei Fasterling verzeichnet. Vermutlich hat er die Tischlerei nach dem Tod Fasterlings übernommen und das Inventar verkauft, darunter wohl auch den Schrank, der deutlich älter zu sein scheint. Danach taucht auch Wildhagen in den Adressbüchern nicht mehr auf.“

Friedrich Fasterling ist in Hameln als Bildhauer durch eine Reihe von Arbeiten bekannt: die Gedenkplatte am Heise-Denkmal von 1883 in der Redenallee oder die Tafel für Zeddies in der Klütgrotte von 1891, vor allem aber durch den nicht mehr erhaltenen Rattenfängerbrunnen von 1884 nach dem seinerzeit populären Rattenfänger-Gedicht von Julius Wolff. Dessen Motive finden sich auch in den Schnitzereien des Schrankes, vielleicht ein frühes Werk von Fasterling, der auch als Holzbildhauer genannt wird. Eins der Relieffelder erinnert auch an die bekannte Rattenfängerdarstellung des Illustrators Oskar Herrfurth.  

„Dieses Objekt ist für uns ein echter Glückgriff“, freut sich Museumsleiter Stefan Daberkow. „Er hat nicht nur einen hohen Schauwert, sondern ist auch ein Beleg für die Beliebtheit der Rattenfängersage im Bereich der angewandten Kunst. Außerdem ist er wie gemacht für unser Kaminzimmer, wo er nun einen dauerhaften Platz gefunden hat.“ 

Der Schrank kann ab sofort zu den Öffnungszeiten des Museums besichtigt werden.

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