Wie Hameln noch sicherer werden soll

Die Bilder aus der Silvesternacht sind nicht vergessen: Etwa 150 junge Menschen schießen vor dem Bahnhof mit Raketen aufeinander, auch Polizeibeamte geraten zwischen die Fronten. Nun will die Stadt mit einer neuen Strategie für Sicherheit sorgen. Kerngedanke: Der städtische Ordnungsdienst und die aufsuchende Sozialarbeit sollen enger miteinander verzahnt werden. Mehr Vermittlung zu Hilfsangeboten auf der einen Seite, mehr „Ordnung“ auf der anderen – das soll die neue Leitlinie sein.

„Wir wollen, dass sich die Menschen in Hameln sicher fühlen“, umschreibt Erste Stadträtin Martina Harms das Ziel. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihres Dezernats haben ein neues Präventionskonzept erarbeitet. Der Rat hatte dazu im März 2022 den Auftrag erteilt. Durch die Eskalation am Bahnhof ist das Thema besonders aktuell geworden. Das Konzept soll am 8. August in einer gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Recht und Sicherheit sowie Familie, Kindertagesstätten, Schulen und Sport beraten werden.

Wie groß die Probleme tatsächlich sind? Nach Einschätzung der Stadtverwaltung entwickeln sich öffentliche Plätze, die als Aufenthaltsbereiche für die Allgemeinheit dienen sollen, immer wieder zu Kriminalitätsschwerpunkten. Der Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) und der Bahnhof waren Schauplätze verschiedenster Straftaten, die von Diebstahl und Raub bis hin zu (sexueller) Nötigung und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz reichten. Wie berichtet, wurden beide Bereiche nach einer Zunahme von Straftaten von der Polizei zu „gefährlichen Orten“ erklärt – wobei es am Bahnhof laut Martina Harms „momentan ruhig ist“. Es häuften sich nun aber Beschwerden und Polizeieinsätze im Ada-Lessing-Park.

Obwohl die Zahl der Straftaten im Bereich der Polizeiinspektion Hameln-Pyrmont/Holzminden leicht zurückgehe, bleibe das subjektive Sicherheitsgefühl vieler Einwohnerinnen und Einwohner „beeinträchtigt“, bilanziert Erste Stadträtin Harms. Insbesondere auf dem Rathausplatz, im Bürgergarten und am Weserufer werde das Gefühl der Unsicherheit durch die Trinker- und Drogenszene verstärkt, heißt es in dem Präventionskonzept. Und weiter: „Zusätzlich sorgen Jugendliche und junge Heranwachsende mit lauten Treffen und Alkoholgenuss auf Spielplätzen für ein unsicheres Gefühl. Doch auch Vandalismus und Lärmbelästigungen auf Dorfplätzen in den Ortschaften und anderen öffentlichen Räumen tragen zur Verunsicherung und Verärgerung der Bürgerschaft bei.“

Schon nach der Eskalation am Hamelner Bahnhof hatte die Stadt eine Task Force „Prävention vor Ort“ eingerichtet, die mit drei bis vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abteilung Familie und Soziales bestimmte Orte ansteuert und speziell Jugendliche anspricht. Was die Stadt nun plant, geht nach Einschätzung von Martina Harms noch deutlich darüber hinaus: Künftig wolle das Rathaus „dauerhaft nicht nur repressiv, sondern auch mit einem niedrigschwelligen sozialpädagogischen Angebot präventiv tätig werden“.

„Wir wollen Konflikte entschärfen und die Ursachen angehen, damit sich die Situation nachhaltig verbessert“, erläutert Harms. Es gelte, frühzeitig soziale Herausforderungen zu erkennen und zielgerichtet zu handeln.

Konkret listet das Präventionskonzept unter anderem folgende Aufgaben auf, um die sich die Stadt im Rahmen einer interdisziplinären Strategie verstärkt kümmern möchte:

  • Präsenz an problematischen Orten: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ordnungsamtes sollen verstärkt in Gebieten mit hoher Kriminalitätsrate oder sozialen Problemen anwesend sein. Eine sozialpädagogische Fachkraft ist regelmäßig an bekannten Treffpunkten und sozialen Brennpunkten präsent.
  • Durchsetzung der Gefahrenabwehrsatzung: Der städtische Ordnungsdienst soll unmittelbar auf Ordnungswidrigkeiten und Verstöße reagieren.
  • Bekämpfung von Lärm und Schmutz: Ordnungskräfte sollen sich aktiv darum kümmern, Lärm zu reduzieren und öffentliche Bereiche sauber zu halten.
  • Individuelle Erstberatung: Ziel der Abteilung Familie und Soziales ist es, durch persönliche Beratungsgespräche individuell auf die Bedürfnisse der Betroffenen einzugehen.
  • Vermittlung zu Angeboten: Eine sozialpädagogische Fachkraft soll bei der Vermittlung zu lokalen Angeboten und unterstützenden Diensten helfen.
  • Organisation von Unterstützungsprojekten: Mitarbeiter der Abteilung Familie und Soziales sollen Projekte entwickeln, die speziell auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten sind.

In ihrem Konzept weist die Stadt darauf hin, dass verstärkte Kontrollen zu einer Verlagerung der Szene führen. Deshalb sollen – auch in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern und Bürgern – „akzeptierte Orte“ geschaffen werden, an denen sich Randgruppen im öffentlichen Bereich aufhalten können.

Nach Angaben aus dem Rathaus stehen die benötigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Präventionsarbeit ab August dieses Jahres zur Verfügung. Laut Vorschlag der Verwaltung sollen zweieinhalb Stellen dauerhaft über den Stellenplan abgesichert werden.

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